In dieser Woche wurde Prof. Christoph Lütge durch die bayerische Staatskanzlei aus dem Bayerischen Ethikrat berufen. Die Begründung lässt aufhorchen: „Grund hierfür waren wiederholte öffentliche Äußerungen von Herrn Professor Lütge, die mit der verantwortungsvollen Arbeit im Ethikrat nicht in Einklang zu bringen sind und auf Dauer dem Ansehen des Gremiums Schaden zufügen könnten.“ (Quelle: Berliner Zeitung)
Prof. Lütge hat in der Vergangenheit immer wieder kritische Äußerungen bezüglich der Lockdown-Politik der Bundesregierung und der Bayerischen Staatsregierung getätigt. Offensichtlich scheint diese Kritik jedoch im Bayerischen Ethikrat unerwünscht, welcher auf seiner Internetpräsenz freimütig bekennt, völlig unabhängig zu arbeiten.
Man muss sich allerdings an dieser Stelle die sehr berechtigte Frage stellen, was die Aufgabe des Ethikrates dann tatsächlich darstellen soll. Dient er der unabhängigen Meinungsbildung zu gesellschaftlich relevanten Themen, oder soll er lediglich als Instrument der Staatsregierung fungieren, um deren Regierungspolitik zusätzliche Legitimität zu verleihen? Diese Frage muss an dieser Stelle gestellt werden, insbesondere angesichts der steigenden Unzufriedenheit in der Bevölkerung mit der restriktiven Corona-Politik. Gemäß DeutschlandTrend vom 4. Februar gaben 56% der Befragten an, mit dem Corona-Krisenmanagement im Großen und Ganzen unzufrieden zu sein. Knapp ein Viertel der Befragten gaben an, dass die aktuellen Maßnahmen zu weit reichen. (Quelle: ARD-DeutschlandTrend, 04.02.2021) Diese Zahlen belegen durchaus, dass es in der Bevölkerung ein Bedürfnis nach Diskurs und Debatte rund um die Maßnahmen gibt. Diesem Bedürfnis sollte definitiv Rechnung getragen werden, statt zu versuchen, jegliche Kritik im Keim zu ersticken.
Prof. Lütge stellt regelmäßig die Verhältnismäßigkeit des Lockdowns, insbesondere unter den Vorzeichen der massiven Kollateralschäden, infrage. Dabei hat er zuletzt am 30. Januar in einem Twitter-Posting klargestellt, dass er COVID-19 keinesfalls für ungefährlich halte, die Maßnahmen jedoch für unverhältnismäßig erachte. Angesichts dieser Aussage kann Prof. Lütge keinesfalls als sogenannter „Corona-Leugner“ betrachtet werden.
Aufgrund der Kollateralschäden muss allerdings eine Debatte um Sinn und Unsinn der Lockdown-Maßnahmen geführt werden. Denn die Maßnahmen bemessen sich an ihrer Verhältnismäßigkeit. Ein Eingriff in die Grundrechte sind ausdrücklich nur aufgrund eines verhältnismäßigen Gesetzes zulässig. Dies ist ein hoher Grundsatz unserer Verfassung. Da die Kollateralschäden für Unternehmen, Bildung, Kinder, Eltern, Senioren und viele mehr real und massiv sind, muss eine breite gesellschaftliche Debatte um die Verhältnismäßigkeit dringend geführt werden.
Die Staatsregierung lässt durch die Entlassung von Prof. Lütge durchscheinen, wie sie zu Kritik an ihrer eigenen Politik steht. Kritik ist auf dem Gebiet der kontroversen Maßnahmen, in öffentlichen Gremien scheinbar nicht erwünscht.
Prof. Lütge bringt es selbst in einem Twitter-Posting vom 2. Februar auf den Punkt: „[…]es muss möglich sein, begründete und evidenzbasierte Kritik an politischen Maßnahmen und Konzepten zu äußern, ohne gleich in irgendwelche Ecken gestellt zu werden. Wenn das nicht mehr möglich ist, ist die Demokratie am Ende. Das können wir nicht wollen.“ (Quelle: Twitter, @chluetge)
Sachliche und berechtigte Kritik gehört unbedingt zum politischen Diskurs einer Demokratie. Die freie Aussprache jener Formen der Kritik muss jederzeit gewährleistet sein. Bündnis C – Bayern steht an der Seite von Prof. Lütge. Die Bundesrepublik Deutschland und der Freistaat Bayern brauchen demokratischen Diskurs, insbesondere dann, wenn politische Maßnahmen mit so weitreichendem Einfluss auf das Leben und die Existenz ihrer Bürger beschlossen werden. Das Stummschalten von Kritik ist ein falscher, ein undemokratischer Weg.
Bild: (c) Ethikrat: Staatsregierung entlässt Lockdown-Kritiker Lütge | BR24
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